
Emanuel Unser
Der studierte Mechatronik-Ingenieur Emanuel Unser (mittig im Bild) betreibt gemeinsam mit seinem älteren Bruder Johannes (links) und seinem jüngeren Bruder Julius (rechts) seit 2020 das Gastronomie-Ensemble Werft1919 am deutschen Bodensee-Ufer in Kressbronn. Aufgewachsen ist Emanuel Unser bei Stuttgart, doch den Bezug zum Bodensee hatte er schon früh durch seine Großmutter. Er selbst bezeichnet sich heute als Vollblut-Gastronom und Bodensee-Liebhaber.
Mit der Werft1919 schaffen wir im ländlichen Bereich ein urbanes Angebot.

Wie alles begann
Bevor ich zur Werft1919 kam, war ich zehn Jahre lang in der Entwicklung und im Vertrieb von Ingenieurdienstleistungen tätig. Den Weg zur Gastronomie fand ich gemeinsam mit meinen zwei Brüdern. 2017 war ich mit Johannes und Julius hier in Kressbronn spazieren und dabei haben wir mitbekommen, dass das Gelände der ehemaligen Bodan-Werft zur Pacht steht. Wir kennen die Werft noch aus der Zeit, als hier alles noch brach lag und wenig einladend aussah. An der Straße war ein großes Gestrüpp und die Stadt hatte mit dem Bau von einem modernen Wohnquartier begonnen. Als wir uns umgesehen haben, spürten wir, dass hier ein guter Platz für eine Gastronomie sein könnte. Für mich war das natürlich ein Risiko, weil ich gute berufliche Aussichten in der Schweiz hatte. Aber meine Brüder haben mich mit ihrer Begeisterung mitgezogen.
#Werftbuben
Wir hatten schon immer einen Bezug zum Bodensee, da unsere Großmutter früher Ferienwohnungen in Langenargen vermietet hat. Die Gegend und der Bodensee haben uns schon immer gut gefallen. Ich und mein kleinerer Bruder sind studierte Ingenieure, unser ältester Bruder Johannes brachte 20 Jahre Erfahrung aus der Gastronomie mit. Als wir uns dann entschieden haben, die Pacht der alten Werftanlagen zu übernehmen, entstand die Idee, uns auf unserem Instagram-Kanal als Werfbuben zu bezeichnen. Dabei hat jeder von uns einen eigenen Aufgabenbereich. Ich bin in der Geschäftsführung tätig und bilde quasi die Klammer um die Bereiche Werftgastronomie, Werftevent und Wertkultur. Meine Brüder teilen sich das operative Geschäft. Konkret halte ich die Strategie im Auge, rechne und rekrutiere und meine Brüder sind im Gastrobereich tätig. Man kann sagen, dass wir allesamt Vollblutgastronomen sind.
Was macht die Location einzigartig?
Wir betreiben hier am Seeufer eine Fläche von insgesamt 1300 Quadratmetern in drei Hallen, die als Gastronomie und Eventlocation genutzt werden. Dabei erinnert vieles noch an die alte Werft, die es hier bis 2020 gab. In den Hallen hier wurden früher Nägel geklopft, Holz gesägt und Wellen gedreht. Das Schöne ist, dass wir im Restaurant und auf der Terrasse noch einige der alten Maschinen sehen können, weil wir sie zu einem Esstisch umfunktioniert haben. Unser Pächter, die Gemeinde Kressbronn, hat uns die Maschinen erhalten.

Wie kommen Gäste zu euch?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, in die Weft1919 zu kommen. Zum einen führt der Bodenseeradweg direkt an uns vorbei. Zu Fuß kann man direkt vom Bahnhof aus in 15 Minuten zu uns ans Wasser laufen, oder auch den Bus nehmen. Inhaber der ECHT BODENSEE CARD (EBC) fahren sogar kostenlos mit dem ÖPNV. Im Winter gelangt man von der Straße aus direkt über einen separaten Eingang zum Winterwonderland und zur Schlittschuhbahn. Auf der Terrasse zur Seeseite hin haben wir dort flackerndes Feuer, Tannenbäume und Licht.
Arbeitet man unter Geschwistern anders zusammen?
Ja auf jeden Fall, aber es ist auch eine Herausforderung, unter Geschwistern Kritik zu üben. Grundsätzlich ist es aber die Einheit, die uns stark macht. Ich erinnere mich an einen Sommer, wo es wirklich hektisch wurde. Wir hatten enorm viele Gäste auf der Terrasse und ich war alleine mit dem Koch. Dann kam mein großer Bruder dazu und hat sofort mit angepackt und auch mein jüngster Bruder war gleich zur Stelle. Alle wussten sofort, was Sache ist. Genau solche Tage brauchen wir auch, weil wir nur dann Geld verdienen. Wenn wir auf Sicherheit planen und rekrutieren, bleibt am Ende nichts übrig. Der Lockdown hat uns auch ein Stück weitergebracht, wir konnten uns neu ausrichten und neu aufstellen.
Hast du ein Hobby als Ausgleich?
Eigentlich nicht. Die Definition für Selbständige lautet ja: selbst und ständig und das trifft es ganz gut. Es mangelt an der Zeit für ein Hobby. Wenn ich dann mal ein Zeitfenster habe, gehe ich gern mit meiner Partnerin wandern. Mein neues Hobby ist in absehbarer Zeit mein Sohn. Wir gehen auch gern mal woanders urlauben, aber das Schöne am Bodensee ist, dass man sich hier gut erholen kann. Dennoch mögen wir aber auch das urbane Leben. Gerade deshalb wollen wir hier im ländlichen Bereich ein urbanes Angebot schaffen und somit auch jüngere Leute ansprechen.
Wenn du ein Gericht sein könntest, was wärst du?
Was Geschmortes oder selbstgemachte Spätzle und Soße.
#Nachhaltigkeit und Regionalität
Wir sind kurz davor, uns für das "ECHT nachhaltig-Siegel" zu bewerben. Wir setzen das bereits von A bis Z um, arbeiten sehr eng mit den Erzeugern zusammen. Das, was reif ist, gibt es dann auf der Speisekarte, oder wir fermentieren es oder es kochen ein. Regionalität ist das Konzept der Zukunft. Wir entwickeln mit den hiesigen Produkten die Kulinarik, so bleibt es zukunftsfähig. Beispielsweise bieten wir im Winter einen selbstgemachten Apfelpunsch an. Wir sammeln mit unseren Mitarbeiten jedes Jahr 7,5 Tonnen Äpfel und verarbeiten diese weiter. Den Apfelpunsch gibt es mit und ohne Schuss. Der Alkohol wird von meinem Bruder Julius selbst gebrannt. Wir machen auch den Glühwein selber und leckere Haselnusswaffeln. Unser jüngster Bruder ist Jäger und beliefert uns manchmal auch mit frischem Wild.
Weiterlesen?
Die zeitgeschichtliche Bedeutung der Bodan-Werft und wie mitunter ein verheerendes Unglück zu ihrem Ende führte, das können Sie auf Schautafeln direkt an der Strandpromenade vor der Werft1919 nachlesen oder auch auf diesen Internetseiten: