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Dampfschiff Hohentwiel

Die Grande Dame des Bodensees

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🕐 Lesedauer etwa 4 Minuten

Imposant ist sie anzusehen. Im Hafen oder auf dem Bodensee. Sie will so gar nicht in unsere Welt von heute passen – und von innen bestätigt sich dieser Eindruck: Überall glänzt poliertes Messing, in den Salons aus Kirschbaumholz und Mahagoni weht noch der Geist des Kaiserreichs. Durch die Bullaugen hindurch sind die roten Schaufelräder zu sehen, die sich auf beiden Seiten des Maschinenraums unermüdlich im Wasser drehen. Als Passagier bewegt man sich in einer anderen Zeit und darf für Stunden den Rest der Welt vergessen.

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Willkommen an Bord der Hohentwiel!
Adolf F. Konstatzky, Kapitän und Geschäftsführer der Hohentwiel
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Kapitän Adolf F. Konstatzky hat mit der Hohentwiel Bereits 285.000 Kilometer zurückgelegt und damit rein rechnerisch acht Mal die Welt umrundet: Knapp 5.000 Fahrten waren dafür nötig, 670.000 Passagiere kamen in den Genuss einer Fahrt mit dem letzten Dampfschiff auf dem Bodensee. 

Kurz vor ihrer zweiten Jungfernfahrt am 17. Mai 1990, nach ihrer fast zweijährigen umfangreichen Restaurierung, ist Konstatzky als Matrose zur Hohentwiel gestoßen. Seine Ausbildung und Erfahrung als Bootsbauer waren ideale Voraussetzungen für ein erfolgreiches Ankommen in der Mannschaft der Hohentwiel. Im Interview erzählt der Kapitän von den Anfängen vor 28 Jahren und der Erfolgsgeschichte des Schiffes.

Adolf F. Konstatzky, Kapitän  des Schaufelraddampfers

Herr Kapitän, erinnern Sie sich noch an Ihre Anfänge auf der Hohentwiel?

„Ja, sehr gut sogar. Als die Hohentwiel 1990 wieder in Betrieb ging, nachdem sie fast dreißig Jahre lang dem Bregenzer Segelclub als Restaurant gedient hatte, waren nicht alle sofort begeistert. Damals war ich Matrose. Als Mannschaft waren wir in der öffentlichen Wahrnehmung Hasardeure, denen man schnelles Scheitern prophezeite. Man glaubte, es bestünde kein Interesse seitens der Bevölkerung an einem so alten Khan. Doch das Schiff wurde schnell zum Publikumsliebling und die Gegner verstummten.

2003 wurden Sie Kapitän und sind es bis heute. Wie hat sich das entwickelt?

„Gerade die Anfangszeit auf der Hohentwiel war besonders spannend für uns, denn ein altes Dampfschiff wieder in Betrieb zu nehmen war eine echt aufregende Erfahrung! Ich wusste damals schon nach kurzer Zeit: Hier will ich bleiben! Ende 2003 ging dann mein Vorgänger aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand und mir wurde die Aufgabe der Schiffs- und Geschäftsführung übertragen. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich damals für die Aufgabe noch nicht bereit. Aber ich musste mich der Herausforderung stellen. Und ich bin rückblickend sehr froh, damals den Mut gehabt zu haben. Seitdem konnten wir unseren Umsatz verdreifachen.“

Sie sind nicht nur Kapitän, sondern auch Geschäftsführer. Was bedeutet diese Doppelrolle für Sie?

Doppelbelastung, hat aber auch Vorteile: Als Kapitän ist es gut, die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu verstehen und als Geschäftsführer ist es gut, wenn man den Schiffsbetrieb in- und auswendig kennt. So habe ich das Ohr ganz nah bei unseren Passagieren und kann ihre Wünsche, Anregungen und Bedürfnisse bei der Gestaltung unseres vielfältigen Programms berücksichtigen. Heraus kommen attraktive Fahrten, wie zum Beispiel die Gourmet-Fahrten, die zum Erfolg beitragen.“

Wie gelingt es Ihnen, auf der Hohentwiel nostalgische Gefühle zu wecken und gleichzeitig ein modernes Freizeitangebot zu bieten?

„Das ist ein schwieriger Spagat. Aber wir wollen kein totes Museum sein, sondern mit unserem Schiff die Passagiere mit auf eine Zeitreise in eine längst vergangene Epoche

nehmen. Und das verbunden mit passenden kulinarischen und musikalischen Highlights. Zwar leben wir im Jahr 2018, wollen unseren Gästen aber ein authentisches Erlebnis wie 1913 ermöglichen. Das Schiff, der See, die exzellenten Speisen und Getränke, die Musik –das alles fügt sich zu einer Einheit, einem unvergleichlich großen Ganzen. Und offenbar treffen wir damit genau den richtigen Geschmack.“

Wie unterscheidet sich die Schifffahrt per Dampf eigentlich von der heutigen?

„Wir sprechen hier von einer über 100 Jahre alten Technik, die einen hohen Grad an Spezialisierung benötigt. Der Aufwand der Wartung ist enorm – aus diesem Grund verschwanden die meisten Dampfschiffe auch mit der Erfindung des Dieselmotors sehr schnell. Auch der Energieverbrauch ist alles andere als umweltschonend: Sechs Tonnen Kohle mussten zum Beispiel für eine Fahrt von Bregenz nach Konstanz in die Feuerlöcher geschaufelt werden. Heute werden die Kessel mit Heizöl befeuert, aber trotzdem sind zwei Maschinisten rund um die Uhr im Maschinenraum tätig.“

Was erwartet Ihre Gäste auf der Hohentwiel, was sie woanders nicht erleben können?

„Unsere Gäste erwartet ein Lebensgefühl wie zu Zeiten Graf Zeppelins, der übrigens am 8. Juli 1913 auf der Hohentwiel seinen 75. Geburtstag gefeiert hat. Nebenbei kann man der originalen Dampfmaschine bei der Arbeit zusehen oder in den originalgetreu restaurierten Salons die Seele baumeln lassen. Die Hohentwiel ist ein Meisterwerk des Jugendstils und steht für die Handwerkskunst einer ganzen Epoche. Ob zum ersten Mal oder immer wieder – jede Fahrt mit unserem Schiff ist eine Zeitreise der besonderen Art.“

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