
Zu Besuch im Wasserwerk am Sipplinger Berg
Die Bodensee Wasserversorgung – eine Anlage der Superlative, das machen allein schon die Zahlen deutlich: Millionen Kubikmeter Wasser werden über tausende Kilometer Leitung an Millionen Menschen in Baden-Württemberg verteilt. Ohne Pumpen geht das nicht. Aber die kommen nicht umsonst erst am Schluss. Denn das meiste macht das Wasser sozusagen von allein.
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Die Dimensionen des Wasserwerks sind beeindruckend. Dabei führt einen die Anreise, wenn man vom See herkommt, scheinbar in den beschaulichen Wald hinein. Das Areal selbst ist weitläufig, aber man staunt doch angesichts solch eines Bauwerks, das vor annähernd 60 Jahren in den Felsen gehauen wurde. Vor allem der 300 Meter lange Gebäudekomplex, der die großen Filterbecken beherbergt, lässt erahnen, was Ingenieure, Architekten und Arbeiter damals geleistet haben.
Aber am Anfang stand eben – wie so oft – der dringende Bedarf, der schließlich zu gewaltiger Schaffens kraft führte. Große Teile Baden-Württembergs sind Wassermangelgebiete, vor allem der mittlere Neckarraum und die Schwäbische Alb. Dagegen gibt es anderswo Wasser im Überfluss. Vor allem am Bodensee. Also wurde 1954 die Bodenseewasserversorgung gegründet, um den Wassermangel im Land ein für alle Mal zu beenden.
Und jetzt noch die Pumpen!
Es läuft und läuft – seit mehr als 60 Jahren!
„Der erste Bauabschnitt begann im Februar 1956“, erklärt Maria Quignon. „Nicht einmal drei Jahre später, im Oktober 1958, wurde bereits Wasser nach Stuttgart geliefert.“ Dabei ist die Anlage in unseren Breiten eher ein Sonderfall. „Wasserwerke dieser Größenordnung finden Sie in Mittel- und Nordeuropa sonst nicht.“ Denn Trinkwasser wird idealerweise aus dem Grundwasser gewonnen, um den Aufwand so gering wie möglich zu halten.
Aber davon gibt es in den Regionen, die ihr Wasser aus dem Bodensee beziehen, eben viel zu wenig. Aber der hat genug davon. Mehr als genug. 670.000 Kubikmeter Wasser dürfen dem See pro Tag entnommen werden. Das erledigt, bis zum Seepumpwerk, allein der Wasserdruck. Dort kommen dann jene Pumpen ins Spiel, die sich Maria Quignon bei unserer Führung bis zum Schluss aufgehoben hatte. 2.000 bis 3.000 Liter fördern diese in das 312 Meter höher gelegene Wasserwerk. Pro Sekunde!

„Unsere Besucher fragen mich oft erstaunt, ob dem See denn nicht irgendwann das Wasser ausgehe“, so Quignon, die bei der Vorstellung lachen muss. Sie kennt halt die Dimensionen: Was dem See zur Wasserversorgung für Millionen Menschen allein in Baden-Württemberg entnommen wird, ist gerade einmal halb so viel, wie durch natürliche Verdunstung verloren geht. Ganz zu schweigen vom Durchfluss: „Ich sage den Leuten immer: Am Rheinfall bei Schaffhausen sieht man zum Vergleich, welche Mengen dem See auf natürliche Weise entfließen.“
Beste Qualität, sauber und unerschöpflich
Dennoch wirken die Wassermassen gewaltig, wenn man als Besucher am Quellbecken steht. Und der Bedarf nimmt zu, auch in der Landwirtschaft. Der Transport bis hoch in den Norden Baden-Württembergs erfolgt fast allein durch die Schwerkraft. Das natürliche Gefälle macht es möglich. Zwei Tage benötigt das Wasser bis nach Stuttgart, eine Woche bis ans Ende des weit verzweigten Leitungsnetzes im Odenwald.
