Wochenmarkt in Kressbronn: Fein, familiär und echt Bodensee
Duftende Rosen, strahlende Nelken und bunte Tulpen: Erika Raich hat eine
feine Auswahl an ihrem Blumenstand zu bieten, als wir sie auf dem Markt in Kressbronn besuchen. Einfach sei es nicht, immer den richtigen Geschmack der Leute zu treffen, sagt sie. Wir finden aber, sie hat das perfekt im Griff. „Ich wusste ja, dass ihr heute kommt. Da wollte ich schon ein bisschen was auffahren.“
Die schönsten Blumen gibt's seit 40 Jahren bei Erika
Dass man sich Erika vom Kressbronner Wochenmarkt gar nicht mehr wegdenken mag, das weiß sie selbst. „Ich gehöre ja schon zur Einrichtung“, sagt sie und lacht und steckt uns sofort mit ihrer fröhlichen Art an. Wir sind früh dran, Erika wartet darauf, dass die Kirche zu Ende ist. Sie hat ihren Stand direkt neben dem Gotteshaus. „Nach der Andacht kommen immer ein paar bei mir vorbei.“ Nach all den Jahren hat sie ihre Stammkunden. Aber von diesen sind einige – wie Erika selbst – inzwischen in einem Alter, wo man häufig nicht mehr so mobil ist.
Arbeit hat sie nie gescheut – und davon gab es reichlich in Erikas Leben. Ihre Mutter war schwer krank, da musste sie schon als junges Mädchen zu Hause ran. Ihr Mann war Südtiroler und „bollenhart“, wie sie sagt. Aber auch er erkrankte schwer und so musste Erika auf dem Markt das Geld verdienen. 30 Jahre lang hat sie nicht nur Blumen, sondern auch Obst und Gemüse verkauft. „Wie ein Pferd“ musste sie da ackern, erzählt
sie. Kartoffeln, Zwiebeln oder Rüben waren halt deutlich schwerer als es ihre Blumen heute sind.
Am Anfang ist sie mit ihrem Stand sozusagen direkt ins kalte Wasser gesprungen. Aber sie hat schnell gelernt und konnte sich neben den anderen Händlern behaupten. „Ich habe aber gemerkt, dass die großen Märkte nichts für mich sind.“ Noch heute ist es ihr lieb, dass sie hier in Kressbronn ihr Auto am Stand hat. „Das geht in Friedrichshafen oder Ravensburg nicht. Da musst du alles ausladen und dann irgendwo parken.“ Auch dort kann man gut einkaufen und kommt mit vielen Marktleuten ins Gespräch. Aber in
Kressbronn versteht man, dass es Erika besser gefällt, weil es so ruhig und familiär zugeht.
Hier kennt man sich teilweise seit Jahrzehnten. Und hat schon viel erlebt. Mit Wind und Wetter müssen Marktleute wie Erika sowieso klarkommen. Aber wenn es dann so stürmt, dass der Regen schier waagrecht auf einen einprasselt, das bleibt dann doch in
Erinnerung: „Nicht einen trockenen Faden hatte ich mehr am Leib!“ Heute muss sie vor allem mit viel Konkurrenz leben. Denn die Leute kaufen ihre Blumen inzwischen hauptsächlich im Baumarkt oder an der Supermarktkasse. „Die können ja auch ganz andere Mengen bieten“, sagt Erika. „Wenn jemand fünf Blumenkästen daheim hat,
da wird er bei mir halt nicht genug von ein und derselben Sorte finden.“
Trotzdem: Erika genießt es, mit ihrem Stand dazuzugehören. Und die Kundschaft ist treu. „Wenn ich mal nicht da bin, fragen mich die Leute beim nächsten Mal gleich, wo ich denn gewesen sei.“ Es fehlt halt was, wenn Erika nicht da ist. Auch darum denkt sie noch nicht ans Aufhören. „Nach Allerheiligen gehe ich jedes Jahr in die Winterpause.“ Ob es ihr da nicht schwerfällt, sich im Frühjahr wieder aufzuraffen? „Na, klar“, sagt
sie und lacht wieder. „Da musst du mich manchmal anschucken, ich kann schon auch faul sein. Aber so ab Mitte Februar muss ich einfach wieder raus.“ Und dann sei sie jedes Mal wieder ganz aufgeregt – so wie damals am Anfang, vor mehr als 40 Jahren.